Das Internationale Jahr für Höhlen und Karst in 2021 (http://iyck2021.org/) wurde aufgrund der Corona-Pandemie auf das Jahr 2022 ausgeweitet. Es soll mit einer Reihe öffentlichkeitswirksamer Aktionen auf die Schutzwürdigkeit der Karstlandschaften und ihrer vielfältigen Karsterscheinungen aufmerksam machen. Eine dieser Aktionen ist die Auswahl eines internationalen "Höhlentier des Jahres". Hierzu wurde für 2022 die Gruppe der Fledermäuse ausgewählt, aus der jedes teilnehmende Land eine regional vorkommende cavernicole Fledermaus auswählen und dieses der Öffentlichkeit und den Behörden als "Höhlentier des Jahres" präsentieren kann. Mit der Wahl der Kleinen Hufeisennase will der Verband der deutschen Höhlen- und Karstforscher darauf hinweisen, dass gerade bei der Erforschung der unterirdischen Ökosysteme und der darin vorkommenden Arten noch ein enormer Handlungsbedarf besteht.
Die Kleine Hufeisennase (Rhinolophus hipposideros) wurde im Jahr 1792 vom deutschen Naturwissenschaftler Moriz Balthasar Borkhausen für die Wissenschaft beschrieben. Die Art gehört zu Familie der Hufeisennasen (Rhinolophidae), die in Deutschland mit zwei Arten vertreten ist.
Kleine Hufeisennasen sind typische Höhlenfledermäuse, die sowohl Sommer- als auch Winterquartiere in den großen Karstgebieten bevorzugen. Diese Tatsache führte dazu, dass diese Fledermausart zum "Höhlentier des Jahres 2022" gewählt wurde. Die Hufeisennase steht für eine große Zahl von Tierarten, die auf geschützte und frostfreie Rückzugsorte unter Tage angewiesen sind.
Die Kleine Hufeisennase ist eine der kleinsten einheimischen Fledermausarten. Sie ist gut an dem hufeisenförmig geformten Nasenaufsatz zu erkennen. Das Rückenfell ist bräunlich bis gelblichbraun, die Unterseite hell grauweiß gefärbt. Im Winterschlaf hüllt sich die Art komplett in die Flughäute ein. Hier hängen die Tiere in Höhlen, Stollen und Kellern mit Temperaturen von 6 bis 9 °C; immer auf Distanz zu den Artgenossen. Hufeisennasen hängen immer frei und werden nie in Spalten angetroffen.
In Deutschland befinden sich die Wochenstuben, also Kolonien, in denen die Weibchen ihre Jungen gemeinsam aufziehen, zumeist in warmen Dachböden und Gebäuden. Es gibt aber auch Ausnahmen, wie z.B. in einer südexponierten Karsthöhle im Kyffhäuser (Thüringen). Männchen nutzen auch im Sommerhalbjahr Höhlen als Tagesquartier. Kleine Hufeisennasen sind ausgesprochen standorttreu. Der Aktionsradius beträgt gewöhnlich weniger als 20 Kilometer.
Die Kleine Hufeisennase ist von allen Hufeisennasen am weitesten nach Norden verbreitet. Sie kommt im Mittelmeerraum und nach Norden bis West-Irland und im westlichen Großbritannien vor. Nach großen Bestandseinbrüchen in den 1960er-Jahren findet man die Art in Deutschland heute nur noch im östlichen Nordhessen, in Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Bayern.